Kirchturm Wiescheid (Bericht):Vortrag Ballonflucht am Kirchturm Wiescheid
Wenn sich der gesamte Saal nach dem Vortrag erhebt und anhaltenden Beifall spendet, dann muss der Vortrag die Erwartungen des Publikums erfüllt haben.
So geschehen am Sonntag, 17. November 2024 im Pfarrheim am Kirchturm Wiescheid. Auf Einladung des Ortsausschusses St. Maria Rosenkranzkönigin war der Zeitzeuge Herr Günter Wetzel nach Wiescheid gekommen, um seine packende Geschichte aus erster Hand zu erzählen. Sein Publikum: über 90 Personen aus verschiedenen Altersklassen.
Die Sehnsucht nach Meinungsfreiheit und einem selbstbestimmten Leben hatte den damals 24-jährigen Günter Wetzel zur Flucht in einem Ballon aus der damaligen DDR angetrieben. Anhand vieler Dokumente und Fotos, teils aus seiner 2.400 Seiten umfassenden Stasi-Akte, berichtet er den aufmerksamen Zuhörern anschaulich was damals passierte. Beginnend mit der Lebenssituation in der DDR zu dieser Zeit, die Idee zur Flucht, über die schwierigen Vorbereitungen unter der Stasi, der Bau von drei Heißluftballonen, bis hin zur gelungenen Ballonfahrt bei Nacht über die Grenze.
Die Gondel dieses dritten Ballons war eine Stahlplatte mit Seilen drum herum. Acht Personen aus zwei Familien fanden hier Platz. Die Naht in der Spitze hielt dem Druck nicht stand, während der Fahrt öffnete sich ein Loch und die heiße Luft entwich. Scheinwerfer der Grenzpolizei versuchten aus der Ferne den Ballon zu erfassen, wurden jedoch dann abgeschaltet, weil man ja nicht in den Westen leuchten durfte. Das Gas ging irgendwann zu Ende und nach 30 Minuten Fahrt wurde der rasante Abstieg durch die Landung in einer Schonung abgefedert.
Nach der Landung gab es die bange Frage, haben wir es geschafft? Ein Strommast, eine Landmaschine sowie ein nahendes Polizeiauto der Marke Audi konnte eindeutig der BRD zugeordnet werden und der Jubel war groß. Die Flucht war geschafft.
Günter Wetzel berichtet noch von der Zeit nach der Flucht, die Aufnahme im Westen, den Medienrummel, Einladungen zu verschiedenen Veranstaltungen bis Hollywood. Zwei Filme wurde darüber gedreht, wobei Günter Wetzel den Film „Ballon“ als realistischer einstuft. Hier konnte er unterstützen und den Regisseur Bully Herbig beraten.
Auch nach dem Vortrag stand Herr Wetzel für Fragen und Fotos zur Verfügung. Bei seiner Abreise nach Chemnitz betonte er, es wäre ein sehr interessiertes und nettes Publikum in Wiescheid gewesen und die Veranstaltung hätte ihm viel Freude bereitet.
Die Rheinische Post berichtete über den Vortrag am 18. November 2024 sowohl in der Papier- als auch in der online-Ausgabe (leider hinter der Bezahlschranke).