Erstkommunion 1967 - Anette Hansen
Endlich war es auch bei mir soweit. Als vierte und jüngste Tochter im Hause Kremers war Ich nun auch an der Reihe, die erste Heilige Kommunion zu empfangen.
Nun hieß es erst einmal regelmäßig den Kommunionunterricht besuchen, was meine Oma genauestens überwachte und mich immer pünktlich zu unserer alten Pfarrkirche schickte.
Dort erwartete uns dann Pastor Becker und zählte erst einmal die „Häupter seiner Lieben“, denn es durfte ja kein „Schäfchen“ fehlen. Hier wurde nun fleißig das Vater Unser und das „Gegrüßet seist du Maria“ gebetet und wir mussten die „Zehn Gebote“ auswendig aufsagen. Auch auf die Beichte wurden wir vorbereitet und ich glaube, davor hatte jeder von uns ein bisschen Angst, weil wir alle keine richtige Vorstellung davon hatten.
Nach einer knappen Stunde, manchmal ein bisschen länger, durften dann einige auserwählte Kinder den Pastor zum Pfarrhaus schieben, denn der hatte ja bekanntlich ein Holzbein und war demensprechend gehandicapt beim Fahrradfahren.
Am Pfarrhaus angekommen ließ Pfarrer Becker uns manchmal mit ins alte Pfarrhaus hinein. Das war ein richtig kleines Abenteuer für mich. Einmal durften wir sogar in den alten verwilderten Garten und Äpfel für die Haushälterin, Fräulein Woiwode aufsammeln. Als Dankeschön bekamen wir natürlich auch einen Apfel.
Selbstverständlich musste ich für den besonderen Tag auch entsprechend eigekleidet werden. Hierzu gehörten das weiße Kommunionskleid, ein Blumenkränzchen, ein Taschentuchtäschen und die Kommunionsschuhe. Für meinen Vater, als Alleinversorger für eine siebenköpfige Familie jedes Mal eine finanzielle Herausforderung.
Doch ich sollte besonderes Glück haben. Mein Patenonkel fuhr mit mir nach Düsseldorf zu C&A, was für mich in der damaligen Zeit einer Weltreise gleichkam, hatte ich das beschauliche Dörfchen Richrath bis dato nicht verlassen.
In diesem für mich riesigen Kaufhaus erstand man dann für mich nicht das typische Kommunionkleid mit Lochstickerei und Rüschchen etc. Nein, Anette bekam, man beachte den praktischen Wiederverwertungscharakter, ein wollweißes Jackenkleid.
Jacke und Rock konnte man selbstverständlich nach der Kommunion noch getrennt und mit anderen Kleidungsstücken kombiniert weitertragen. Natürlich nur Sonntags in die Kirche!!
Ein Modernes Novum zur damaligen Zeit.
Gerne hätte ich zu diesem Jackenkleid die schönen, roten Schuhe meiner Schwester getragen. Die passten mir jetzt endlich und sie hatten sogar einen kleinen Absatz. Ich fand sie so toll. Und für die heutige Zeit wären die total „Inn“, man denke an Pabst Benedikt!
Aber das ging natürlich gar nicht, und so machte man sich auf zum ersten Schuhgeschäft im Dorf, zum Portugall‘s Jupp , und erstand ein paar schwarze Kommunion-Lackschuhe.
In den letzten Tagen vor dem großen Fest war die Aufregung schon groß. Das ganze Haus wurde blitze-blank geputzt, das Wohnzimmer ausgeräumt, Stühle und Tische vom Nachbarn geliehen, gekocht, gebacken und geschmückt. Denn, man feierte nicht wie Heutzutage in einer „Location“, sondern zu Hause.
Alles musste auf das Beste gerichtet sein. Dazu mussten wir Kinder das Familiensilber polieren und die Butterblümchen für das Frühstück bereiten, denn gefrühstückt wurde ja erst gemeinsam nach dem Gottesdienst.
Und dann war er endlich da, der „Große Tag“.
Sehr früh aufstehen, nicht frühstücken, das schöne neue Kleid anziehen und ab zur Kirche. Mir war vor Aufregung natürlich ganz schlecht.
Dazu diesem Zeitpunkt die alte Pfarrkirche im Dorf zum Abriss vorbereitet wurde, musste unsere Kommunionfeier in der Filialkirche St. Pius stattfinden.
Mein Onkel, der damals schon ein Auto besaß, fuhr mich mit meinen Eltern dorthin. Autofahrt mit nüchternem Magen war gar nicht gut. Mir wurde noch schlechter.
Angekommen in der kleinen Holzkirche, die natürlich gut gefüllt war, die Luft demensprechend dick stand, kann man sich gut vorstellen, dass einige mit der Übelkeit zu kämpfen hatten. Mir wurde immer schlechter.
Wie man schon hören kann ist es meine Übelkeit, an die ich mich am meisten erinnere, ansonsten hatte ich wohl alles ausgeblendet. Na aber irgendwann, nach einer gefühlten Ewigkeit, durften wir dann die heilige Kommunion von Pfarrer Becker oder Kaplan Scholl empfangen und die Aufregung war geschafft.
Ich denke für uns Kinder begann nun der schönere Teil der Kommunionfeier, zu Hause im Kreise der Großfamilie, die teilweise von weither angereist war.
Und Geschenke gab es natürlich auch, die ja früher traditionell für Mädchen die ersten Teil zur Aussteuer waren.
Es gab Kuchengabeln, Handtücher, Taschentücher, manchmal auch schon die erste Tischwäsche. Aber es gab auch die erste Armbanduhr, das goldene Kreuzchen und ein neues Federmäppchen. Das Federmäppchen durfte ich jedoch nicht sofort benutzen, sondern ich musste es für die weiterführende Schule im darauffolgenden Jahr weglegen.
Man könnte noch so einiges dazu erzählen. Aber eins ist mir klar: auch wenn es zur damaligen Zeit knapp mit den finanziellen Mitteln war, so hat meine Familie mir doch ein unvergessliches Fest bereitet, an das ich mich noch gerne mit meinen Geschwistern zurückerinnere.